Alles über PilzeStart - Alles über Pilze

Knollenblätterpilze (Gattung Wulstlinge (Amanita)) gehören zu den giftigsten Pilzen in Mitteleuropa. Schon 35 g des grünen Knollenblätterpilz (A. phalloides) können einen erwachsen Menschen töten (ein einzelner Pilz kann bis zu 50 Gramm wiegen).

Die Fruchtkörper der Knollenblätterpilze zeigen sich hauptsächlich von Juli bis Oktober in Wäldern wachsen aber auch in Parkanlagen und Friedhofsgärten.

Es handelt sich um Mykorrhiza-Pilze, die mit verschieden Nadel- und Laubbäumen vergesellschaftet sein können.

Grüner Knollenblätterpilz

Fruchtkörper

Junge Exemplare tauchen aus dem Boden auf, ähnlich einem weißen Ei, und sind vollständig vom Velum eingehüllt. In der Regel belieben keine Reste des Velums auf der Hutoberfläche zurück. Am Stiel bleibt das Velum als häutig-lappig Volva, etwa 1,0 bis 1,5 cm unterhalb des Huts zurück.

Das Fleisch des Fruchtkörpers ist weiß. Der Geruch bei jungen Exemplaren ist zunächst schwach und honigsüß, verstärkt sich aber im Laufe der Zeit zu überwältigend bis unangenehm süßlich. Auf Geschmacksproben sollte unbedingt verzichtet werden.

Hut

Der grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) hat eine Hut von 4 bis 13 cm Durchmesser. Dieser ist zunächst halbkugelförmig, aber mit zunehmendem Alter schirmförmig. Die Farbe ist hell-, gelblich- oder olivgrün, meistens weißlich zu den Rändern hin und nach Regen oft blasser.
Die Oberfläche des Huts ist klebrig, wenn sie nass ist und kann leicht geschält werden. Ein problematisches Merkmal, da diese Eigenschaft angeblich bei essbaren Pilzen vorkommt.

Stiel

Der Stiel ist weiß mit eingestreuten grau-oliven Schuppen und etwa 5 bis 15 cm lang sowie fast gleichmäßig zylinderförmig mit einem Durchmesser von 1 bis 2 cm.

Lamellen

Die weichen, am Stiel freien, Lamellen sind anfangs weißlich gefärbt und tendieren später zu einer zart grün – gelblichen Farbe. Sie färben blasslila oder rosa mit konzentrierter Schwefelsäure oder Salzsäure.

Sporen

Die Sporen sind weiß, ein häufiges Merkmal von Amanita, und kugelförmig bis eiförmig (8-10 μm). Sie und färben blau mit Jod.

Vorkommen

Von Juli bis Oktober wächst Amanita phalloides (englisch: "death cap" = Todeskappe) in Eichen- und Rotbuchenwäldern, kann aber auch in Nadelwäldern oder Parkanlagen vorkommen.

Weißer Knollenblätterpilz

Als Weißer Knollenblätterpilz werden 4 Arten aus der Gattung der Wulstlinge (Amanita) bezeichnet:
  1. bei flachem Hut der Frühlings-Knollenblätterpilz (Amanita verna); dies ist der eigentlich Weiße Knollenblätterpilz.
  2. bei kegelförmigem Hut ist damit der Kegelhütige Knollenblätterpilz (Amanita virosa) gemeint.
  3. Daneben existiert eine weiße Variante des Gelben Knollenblätterpilzes (Amanita citrina).
  4. Auch der eigentlich grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) kann eine Weiße Farbe (Varietät alba) annehmen.

Frühlings-Knollenblätterpilz

Der Fruchtkörper (Stil und Hut) des Frühlings-Knollenblätterpilz (Amanita verna) ist durchgehend reinweiß bis seidenweiß. Das Fleisch ist ohne besonderen Geruch (d.h. dezent nach Pilz riechend).

Der Hut hat einen Durchmesser von 3 bis 10 cm im und eine glatte, etwas klebrige Oberfläche mit in der Mitte bisweilen ockerlicher Färbung.

Der seidig-fasrige Stiel ist bis zu 15 cm lang, an der Basis knollig verdickt und hat eine große taschenförmige Volva.

Die Lamellen (ebenso wie die Sporen) sind immer reinweiß und nicht am Stiel angewachsen.

Vorkommen: Amanita verna (englisch: "fool's mushroom" = Narrenpliz) wächst ab dem späten Frühjahr in europäischen Wäldern (insbesonders unter Birken und Fichten) und fruchtet selten vor August. Im Gegensatz zu verschiedenen eng verwandten giftigen Amanitas ist dieser Pilz in Nordamerika nicht bekannt.

Kegelhütiger Knollenblätterpilz

Der Hut des Kegelhütigen oder Spitzhütigen Knollenblätterpilz (Amanita virosa) erreicht einen Durchmesser von 5–15 cm. Beim jungen Fruchtkörper ist er spitzkegelig (eiförmig), später mehr oder weniger ausgebreitet aber immer etwas kegelig bleibend. Der Hutrand ist gewellt. Die Farbe ist weiß bis blass gelb und in der Mitte bräunlich gefärbt.

Die Huthaut glänzt seidig und ist pizzastückartig abziehbar. Die Eigenschaft, schälbar zu sein, wird häufig als Zeichen der Essbarkeit bei Pilzen angesehen, was bei dieser Art ein potenziell tödlicher Fehler ist.

Der 8–12 cm lange und 1–2 cm dicke Stiel ist weiß bis schmutzweiß und beflockt, im Jungstadium häufig schuppig-faserig strukturiert. Der Ring ist oft nur schwach ausgebildet und fehlt gelegentlich völlig. Die zwiebelartig verdickte Stielbasis steckt in einer 1–2-lappigen, eng anliegenden Vulva.

Das Fleisch ist weiß, mit einem Geschmack, der bei jungen Exemplaren an Radieschen (Rettich) erinnert, dann süßlich und zuletzt unangenehm süß. Unter Einwirkung von Natriumhydroxid wird es leuchtend gelb. Es schmeckt unangenehm, aber mild.

Die freien Lamellen sind rein weiß, engstehend und weich, das Sporenpulver ist ebenfalls weiß, die Sporen sind rundlich.

Vorkommen: Amanita virosa (englisch: "destroying angel" = Todesengel) kommt im Mischwald, insbesondere in Verbindung mit Buche, im Sommer und Herbst auf moosigem Boden vor.

Gelber Knollenblätterpilz

Der Gelbe Knollenblätterpilz besitzt einen 3–10 cm breiten Hut von hell zitronengelber bis weißlicher Farbe, auf dem sich häufig schollige, weiße Hüllreste befinden.
Der Varietät alba fehlt der gelbe Farbstoff, sodass die Fruchtkörper einen elfenbeinfarbenen Hut und Stiel aufweisen.

Der Stiel ist 5–15 cm lang. Er ist dünnfleischig, weiß-gelblich und hat einen gleichmäßigen Ring und eine deutlich knollige Basis, die in einer topfartigen, fest angewachsenen und kantig vom übrigen Stiel abgesetzten Volva steckt.

Das Fleisch ist weiß und riecht muffig nach Kartoffelkeimen.

Die Lamellen sind weiß und nicht am Stiel angewachsen.

Vorkommen: Amanita citrina ist im Herbst in Laub- und Nadelwäldern zu finden.

Anmerkung: Der Gelbe Knollenblätterpilz ist kein Speisepilz. Er ist jedoch nur im rohen Zustand giftig, da einige der Toxine beim Erhitzen zerfallen (Bufotenin). Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass dieser Pilz das giftige α-Amanitin nur in sehr geringen Mengen enthält. Die größte Gefahr bei dieser Art ist ihre ausgeprägte Ähnlichkeit mit dem grünen Knollenblätterpilz, was Grund genug ist, sie zu meiden, auch wenn er unter Umständen essbar wäre.

Vergiftung

Toxikologie

Die Art enthält 2 Hauptgruppen von Toxinen, beide sind multizyklische (ringförmige) Peptide (= aus wenigen Aminosäuren zusammengesetzte Proteine), die sich im gesamten Pilzgewebe verteilen: die Amatoxine und die Phallotoxine.
Sie sind resistent gegen Kochen und Trocknen und werden auch durch die Proteasen im Magen-Darm-Trakt nicht zerlegt.

Amatoxin

Die Amatoxine sind eine Gruppe von mindestens 10 verschiedenen Peptiden, die jeweils aus 8 Aminosäuren bestehen. α-Amanitin ist die Hauptkomponente und ist wesentlich, neben β-Amanitin, für die toxischen Effekte verantwortlich.

Ihr Mechanismus beruht auf der Hemmung der RNA-Polymerase II, einem lebenswichtigen Enzym bei der Transkription (DNA -> RNA). Durch diese Blockade kommt auch die Transkription (RNA -> Protein) zum Stillstand, die Zellen werden irreversibel geschädigt und sterben ab.
Die Leber ist am stärksten betroffen, zum einem wegen ihrer hohen Protein-Synthese-Rate und da sie das Organ ist, auf das die Gifte nach der Absorption im Magen-Darm-Trakt zuerst treffen. Aber auch andere Organe, insbesondere die Nieren, sind anfällig. Die letale Dosis LD50 (Maus) liegt bei etwa 0,3 mg/kg. Auf den einen 70 kg schweren Menschen übertragen reichen als 21 Milligramm, das sind 0,021 Gramm.

Die RNA-Polymerasen der Knollenblätterpilze sind selbst unempfindlich gegen die Wirkung von Amatoxinen, so dass sich der Pilz nicht selbst vergiftet.

Phallotoxin

Die Phallotoxine sind eine Gruppe von mindestens 7 verschiedenen Peptiden, die alle ein gleiches Grundgerüst aus 7 Aminosäuren aufweisen. Sie binden irreversibel an F-Aktin (einem Bestandteil des Zytoskelett) und blockiert damit dessen Umbau. Sie haben zudem fluoreszierende Eigenschaften und wurden als „Marker“ in der Fluoreszenz-Mikroskopie eingesetzt.

Phallotoxine sind bei oraler Aufnahme nahezu unwirksam, da sie vom gesunden Darm nicht aufgenommen werden. Gelangen sie jedoch – durch Schleimhautwunden oder injiziert – in die Blutbahn, entfalten sie rasch ihre Toxizität, insbesondere in Zellen der Leber, und können innerhalb weniger Stunden tödlich wirken. Die letale Dosis LD50 (Maus i.p.) liegt bei 2 bis 3 mg/kg.

Verlauf

Knollenblätterpilze sollen dem Vernehmen nach (von Überlebenden) angenehm schmecken. Dies, gepaart mit der Verzögerung des Auftretens von Symptomen - während die inneren Organe schwer, manchmal irreparabel geschädigt werden - macht sie besonders gefährlich. Die Wirkung der Gifte lässt sich in 3 Phasen differenzieren:

  1. Die ersten Symptome zeigen sich 6 - 24 Stunden nach dem Verzehr und sind zunächst gastro-intestinal. Sie und umfassen kolik-artige Bauchschmerzen mit wässrigem Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, und können unbehandelt zu Dehydrierung führen.
  2. In der 2. Phase kommt es zur einer trügerischen Erholung nach 2 bis 4 Tagen.
  3. Anschließend folgt eine schwerwiegendere Verschlechterung, die auf eine Schädigung der Leber hindeutet: Gelbsucht, Durchfall, Delirium, Anfälle und Koma aufgrund von substanziellen Versagen der Leber.

Zu den lebensbedrohlichen Komplikationen gehören intrakranielle Blutungen, Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, Magen- und Darmblutungen, akutes Nierenversagen und Herzstillstand. Der Tod tritt in der Regel 6 bis 14 Tage nach der Vergiftung ein.

Es gibt begründete Hinweise (wenn auch keine definitiven Beweise), das einige berühmte Persönlichkeiten dem Pilz zum Opfer fielen: der römische Kaiser Claudius, Papst Clemens VII., Zarin Natalja Kirillowna Naryschkina und Kaiser Karl VI.

Die Knollenblätterpilze ist für rund 90% (ca. 6 Tote pro Jahr) der Pilzvergiftungen mit tödlichem Ausgang verantwortlich. Noch vor wenigen Jahrzehnten führte fast jede Vergiftung mit dem Pilz zum Tod. Auf Grund medizinischer Früherkennung und Intensivtherapie konnte der Anteil an Todesfällen auf etwa 10 Prozent gesenkt werden.

Tiere

Der Knollenblätterpilz ist für die meisten Haustiere (Hund, Katze, Säbelzahntiger, etc.) fast ebenso giftig wie für Menschen. Wildlebende Tiere (Rehe, Hirsche, Füchse, etc.) sind allerdings unterschiedlich gefährdet, da sie andere Isoformen der RNA Polymerase besitzen. Ebenso sind die meisten Kleintiere (Maden, Schnecken, etc.) völlig unempfindlich gehen das Gift.

Allerdings können sich beim Hund die Symptome früher zeigen. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Hund einen giftigen Pilz gefressen hat, dann bitten Sie umgehend einen Tierarzt um Hilfe.

Verwechselung

Die Knollenblätterpilze können unter den Speisepilzen vor allem im jungen Stadium mit weißen Champignons (Wiesen-Champignon, Schaf-Champignon und Weißer Anis-Champignon) verwechselt werden. Gerade bei jungen Pilzen kann die Ähnlichkeit sehr groß sein.

Ein gutes Unterscheidungsmerkmal bei reiferen Pilzen sind die Lamellen; beim Champignon sind sie rötlich (rosa) bis schokoladenbraun, beim Knollenblätterpilz mehr oder weniger weiß. Allerdings haben junge Champignons ebenfalls relativ helle bis weiße Lamellen. Um eine Verwechslung mit Sicherheit auszuschließen, sollten keine jungen Champignons gesammelt werden.

Ein weiteres Merkmal, ist der Stiel, der beim Knollenblätterpilz immer in einer in der Erde verborgenen Hülle steckt. Der Stiel von Champignons (und Täublingen) ist dagegen immer ohne Hülle beziehungsweise Volva (Scheide). Zu einer sicheren Bestimmung sollte daher immer der komplette Pilzkörper aus der Erde gedreht werden.

Auch beim Fundort gibt es Unterschiede. Der Champignon wächst hauptsächlich auf Wiesen, Knollenblätterpilze vor allem (aber eben nicht nur) im Wald. Die Giftpilze haben einen (manchmal kaum erkennbaren) Ring um den Stil.

Sammeln sie keine so jungen Pilze, bei denen der Hut noch soweit geschlossen ist, dass sie die Lamellen nicht erkennen können — vorzugsweise bevor sie den Pilz abgeschnitten oder herausgedreht haben. Einigen Menschen (auch dem Autor) fällt dies auf Grund eines sehr ausgeprägten „Jäger & Sammler“ Gens schwer.
Es ist aber eben auch ein mehr schonender & nachhaltiger Umgang mit der Natur, junge Exemplare stehen zu lassen, und ihnen mehr Zeit zu geben, zu wachsen, damit sich eben auch die Sporen ausbreiten können.
Zwar fällt der jetzt noch junge Pilz später dann jemanden anderen in die Hände, aber man kann sich diese Form von Futterneid abtrainieren. Gehen sie einfach weiter, es gibt anderswo noch soviel zu entdecken ...

Natürlich können die verschieden Arten der Knollenblätterpilze auch untereinander bzw. mit anderen Giftpilzen wie den Grünlingen (und einigen Täublingen) verwechselt werden.